Helmut Kagerer Trio - Blue Man (2015)

  • 31 Oct, 15:03
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Artist:
Title: Blue Man
Year Of Release: 2015
Label: Alessa Records
Genre: Jazz
Quality: mp3 320 kbps / flac lossless (tracks)
Total Time: 01:07:14
Total Size: 156 / 392 mb
WebSite:

Tracklist

01. Tanger
02. Let's Get Lost
03. Somewhere in the Night
04. Song for My Lady
05. Tricotism
06. Fungi Mama
07. Cute
08. Estate
09. Confrontation
10. All the Chords I Know
11. If You Could See Me Now
12. Visitation
13. I Love You
14. Sweet Lorraine

“Nostalgie kann Perspektive haben. Sie kann auch Herausforderung sein, denn natürlich wurde alles schon einmal irgendwie gespielt. Für Helmut Kagerer ist das genau der Spaß, der ihn zum Instrument greifen lässt.” So liest man es auf der Homepage des Labels zur Ankündigung des Albums und im schmalen Booklet mit einem Liner von Rolf Dombrowski.

Eingespielt wurde der “blaue Mann” von dem Trio um den Gitarristen Helmut Kagerer, zu dem der Bassist Davide Petrocca und der Schlagzeuger Bernd Reiter gehören. Zu den Eigenkompositionen Kagerers, die wir hören, zählen “Song For My Lady”, “All The Chords I Know” - das klingt auf den ersten Blick wie “All The Things You Are”, oder? - und „Confrontation“. Im Übrigen entdeckt man bei Helmut Kagerer bekannte Standards wie von Dizzy Gillespie „Tanger“ oder von Oscar Pettifort „Tricotism“ auf dem „blauen Album“. Ja, die CD und auch die Hülle sind tatsächlich blau. Aber was hat es eigentlich mit „blue man“ für eine Bewandtnis? Die Cole Porter Komposition „I Love You“ findet sich auf der CD ebenso wie zum Abschluss „Sweet Lorraine“ (Clifford Burwell, Mitchell Parish).

Der in Passau geborene Saitenkünstler Kagerer, das sei an dieser Stelle noch eingeschoben, hat sich sein Rüstzeug bei Meisterkursen mit Jim Hall, Joe Pass, Tal Farlow, Herb Ellis, Mick Goodrick, Peter Leitch, Karl Ratzer und Jack Wilkins erworben. Alle, die ein wenig in der Welt des Gitarrenjazz bewandert sind, horchen bei Namen wie Jim Hall und Joe Pass auf. Auch mit Attila Zoller stand Kagerer auf der Bühne. Ihm teilt er in „Confrontation“ mit, was er über die Welt des Jazz und der Gitarre denkt. Schließlich scheint über allen Songs auch der Geist von Wes Montgomery zu schweben, Ahnherr der Jazzgitarristen dieser Welt, um mal ein sehr pathetisch klingendes Bild zu bemühen.

Ja, Straight ahead Jazz ist das, was Kagerer schätzt, wie man aus der Zusammenstellung der Songs auch unschwer herauslesen kann. Das ist ja vielfach unter Jazzmusikern gerade in Deutschland schon so etwas wie ein Makel, auch wenn es immer wieder Einspielungen gibt, die sich auf die Wurzeln des Jazz besinnen, ohne nun gleich in New Orleans Jazz zu schwelgen. Vielmehr geht es um die Tradition des Great American Songbooks, das gewiss als Basis für jeden Jazzmusiker anzusehen ist und auch von Kagerer gepflegt wird.

Beschwingt und mit viel Drive geht es bei „Tanger“ zur Sache. Während Helmut Kagerer das Thema auf seinem Saiteninstrument zupft, tätschelt Bernd Reiter Felle und Bleche, sorgt sich Davide Petrocca mit flinken Fingern um die richtige Basslinie. Ob man nun bei „Tanger“ Palmenwedel sich im Wind neigen sehen muss, das ist eine ganz andere Frage. Irgendwie klingt der Vortrag wie eine Begleitung zu einer Fahrt auf dem Ocean Drive bei strahlendem Wetter. Viel lyrischer ausgelegt, aber auch mit dem nötigen Swing im Köcher, so mutet dann „Song for my lady“ an. Nicht zu überhören ist dabei, dass Kagerer bei dieser Eigenkomposition sehr wohl an die Heroen des Jazz anknüpft. Zugleich sehen wir vor unseren Augen the „Lady in Red“ , die alle Blicke auf sich zieht, wenn sie über den Boulevard spaziert, mit gewissem Hüftschwung und im ^gerüschten Kleid, ganz und gar eine Diva. Doch wer ist denn da in ihrer Begleitung, der, lauscht man dem Bass, auf sie einredet? Sie jedoch geht ihren Weg unbeirrt und lässt sich auch nicht vom Kauf teurer Kleider abbringen.
Oscar Petitford ist unter vielen Jazzbassisten der Gegenwart einer der Helden am Viersaiter. Ob das Arrangement nun auch ganz auf Davide Petrocca ausgelegt ist, ist eine berechtigte Frage, die wir uns stellen, wenn „Tricotism“ erklingt. Auch in diesem Stück hält Kagerer alle Fäden in der Hand, wenn man auch hier stärker eine Art Duett zwischen Bass und Gitarre konstatieren muss. Ja, da ist dann auch der solistisch aufgelegte Bass, der das Thema geschickt in Variationen umsetzt, während sich Kagerer zurückhaltend zeigt.

Mit „Estate“ hat das Trio einen Titel im Programm, der aus der Feder von Pat Martino entstammt und sehr lyrisch ausgerichtet ist. Man kann sich angesichts der Melodielinie und Harmonien einen frühen Morgen vorstellen. Eine frische Brise kommt auf – man achte auf das dezente Schlagzeugspiel von Bernd Reiter. Die Wellen laufen sacht am Sandstrand aus – so könnte man den Spielfluss von Helmut Kagerer interpretieren. Jollen tanzen draußen auf dem Meer herum. Einige Surfer sind auf der Suche nach der Welle schlechthin, die es an diesem Morgen einfach nicht gibt. „Life is beautiful“ scheint das Gefühl, das dieser Song ausstrahlt. Auch in diesem Stück bekommt Davide Petrocca die Gelegenheit, seinen Tieftöner herauszustellen. Nur von Bernd Reiter haben wir bis dato kein Schlagzeugsolo erlebt. Muss das denn sein?

„Alle Akkorde, die ich kenne“ stammt aus Kagerers Feder. Eine sommerlich gefärbte Weise mit kaskadierenden Klängen und einem prononcierten Besenspiel von Bernd Reiter bekommen wir geboten. Begleitet vom aufmunternden Besenwirbeln ist dann auch Davide Petrocca an seinem Dickbäucher im Einsatz, von dem man den Eindruck hat, er sei trotz seiner Körperfülle ganz leichtfüßig. Kurze Ansätze eines Schlagzeugsolos sind zu vernehmen, ehe dann wieder das Thema zum Tragen gebracht wird. Na klar, von Helmut Kagerer. Neben der Komposition „Tricotism“ hat Kagerer mit „Visitation“ ein weiteres Werk eines Kontrabassisten in sein Programm aufgenommen. Dem insbesondere als gefragten Sideman tätigen Sam Jones ist der Song zu verdanken. Ohne Liebe geht es im Jazz auch nicht, sodass es wohl keine Frage war, Cole Porters „I love you“ für das Trio zu arrangieren und einzuspielen.

Mit „Sweet Lorraine“ verabschiedet sich das Trio von seinem Publikum. Es ist ein Song, der 1928 entstand. Clifford Burwell komponierte das Stück, während Mitchell Parish für die Lyrik verantwortlich zeichnete. Jazzkenner wissen, dass sowohl der Geiger Joe Venuti als auch Nat King Cole diesen Song aufgenommen haben. Wenn wir auch keinen Gesangvortrag mit „I've just found joy / I'm as happy as a baby boy / With another brand new choo-choo choy / When I met my sweet Lorraine, Lorraine, Lorraine ...“, so tut das dem Hörgenuss keinen Abbruch. Beinahe bluesig angelegt scheint die Interpretation von Helmut Kagerer, die wir stattdessen erleben dürfen. Wer nicht so auf Rabatz und Zipp und Zapp steht, wie das im Free Jazz und bei freier Improvisation der Fall ist, der ist bestens beraten, Helmut Kagerers vielfältige Klangfarben auf sich wirken zu lassen.


  • djangoherbert
  •  18:07
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BIG thanks for this masterpiece - and the wonderful description of the album!